Mittwoch, 14. September 2011

Inspiratoresk

 So viele Einsichten heute. Wahrscheinlich, weil ich gut geschlafen habe und früh aufgestanden bin :) Wo fangen wir denn an? Ich habe mir heute ein neues Vorhängeschloss gekauft, weil das alte irgendwo zwischen Cambridge, Landshut und Trier verloren gegangen ist. Da musste ich unweigerlich an unsere Wegwerf-Gesellschaft denken und an ein Gespräch mit einer Freundin, die Jakobsweg-bewandert ist. Eine ihrer Haupteinsichten war, dass der Mensch eigentlich so wenig braucht. Die Klamotten am Körper, einen Schlafsack und vielleicht eine zweite Unnerbux. Zum Vergnügen noch ein Tagebuch und eine alte Knipse. Ich war absolut einverstanden, doch dämmerte mir heute, dass diese wie viele Dinge absolut relativ ist. Für eine Jakobsweg-Wanderung reicht das wohl, aber nicht für viel anderes. Schließlich gibt es nicht überall Unterkunften für 3€ die Nacht. Und selbst wenn es sie gäbe, da finge schon das nächste Problem an: Geld. Zum Arbeiten allein brauch man schon gewisses Hab und Gut, vielleicht Arbeitskleidung, ein Auto oder ein Mobiltelefon. Wieviel Papier und Tinte allein bei unseren Schulabschlüssen draufgegangen sind. Und rote Hefter für Deutsch und blaue für Mathe. Nehmen wir an, wir gehen nicht arbeiten für unsere Reise, wir betteln. Dafür brauchen andere Geld und Geld gibt es nur im System. D.h. wir brauchen immer genug Deppen, die sich den Stress der Zivilisation antun, damit wir ihr entfliehen können. Was, wenn es kein Geld und keine Zivilisation gäbe? Soll jeder mit einem Zelt herumlaufen? Ist schon eine Habseligkeit mehr und auch eine sehr fundamentale. Wo kommt dieses Zelt überhaupt her? Woher die Werkzeuge, mit denen es geschaffen wurde? Und schon verselbständigt sich die Komplexität bis zum heutigen Grade. Natürlich könnte ich weniger Hatz und Stress vertragen, mit weniger animierten Werbungen im Internet leben, die mir ins Gesicht plärren, dass ich der 9.999.999.999ste Besucher der Seite bin und mit weniger als 14 verschiedenen Pfirsichkonfitüren im Ladenregal. Das Leben ist verrückt und unübersichtlich, komplex und überfordernd, so wie es schon immer war. Vor 50 Jahren, vor 150 und vor 2000 Jahren. Meine Kinder werden einfach besseres Zeitmanagement haben, einen besseren Pop-Up-Blocker installieren und ihre Lieblingsmarmelade kennen. Ich kenne zumindest schon meine: die von Mutti.

  What's with all the ranter today, Thomas?

 Alles gut, nur ein paar Gedanken zu Gesellschaft und historischem Relativismus. Lese doch gerade das tolle Buch zur Sexualität, dass mir massivst historischen Relativismus injiziert. Noch eine Ergänzung zu dem "Alles gut", denn das stimmt so nicht ganz. Im Gespräch mit der bewanderten Freundin entfloh mir ein Ausspruch, den ich zwar letztes Mal schon (auf Englisch) gepostet habe, aber hier nochmal ein bisschen ausführlicher erläutern wollte. Außerdem ist er so tautologisch, dass er einfach wahr sein muss:

"Nur gut ist gut, besser ist schon nicht mehr gut."

  Auch wenn es folglich wahr wäre, dass besser zwar nicht gut, aber besser ist, widerspreche ich. Nicht wegen der Logik, sondern wegen meiner subjektiven Definition des Begriffs "gut". Das "Gute" bringt "Glück", macht glücklich. Der Satz oben soll in dem Sinne verstanden werden, dass das Gute oft schon gut genug ist, gut genug wäre, wenn man sich damit nur zufrieden gäbe. Natürlich ist es faustisch-tragikomisch wahr, dass der Mensch immer nach Besserem strebt. Nur ist das halt nicht immer gut. Ihr kennt euch vermutlich eh besser mit Buddhismus aus als ich, daher brauch ich hier gar nicht weiter zu argumentieren. Ein witziges Video aus einer hervorragenden Video-Schmiede kann ich euch aber ergänzend ans Herz legen: SMBC Theater - Buddha's Apartment http://www.youtube.com/watch?v=DXW1IXrthXE

 Fazit: Ich habe Lust auf den Jakobsweg und werde ihn wohl nächstes Jahr bewandern.

  Weitere Einsicht: kaum eine menschliche Fertigkeit ist so geschätzt, so oft notwendig und so universal anwendbar wie die Fertigkeit zur Reduktion auf das Wesentliche.

 Und eine große Frage, die sich mir heute aufgeworfen hat ist diese: Was ist Sex? 
Ein Instinkt, ein Bedürfnis, ein Motiv? Oder nur Symptom von Motiven? Von welchen? Wann, wie, warum? Wie viele neue Wörter müssen wir erfinden um das total überbesetzte Wort "Sex" zu entschlüsseln und hinreichend zu definieren? Denn Sex bedeutet nicht nur Geschlechtsverkehr, sondern auch biologisches Geschlecht - zwei weitere komplexe und bislang nicht eindeutig definierte Begriffe. "Sexualität" - noch schlimmer!

 Ein anregendes Buch, obwohl es noch nichts zu derlei Fragen gesagt hat. So, Zeit für ein bisschen Raamen. Sayoonara.

 PS: Das nächste Mal wieder mehr Bilder und mehr über Kameras, versprochen ;D

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